Forschungsziele
Die archäologische Literatur zum Neolithikum und Frühäneolithikum in der Kopet Dag Vorgebirgszone ist durch eine lange Diskussion geprägt, die sich mit dem Ursprung spezifischer Charakteristika des Äneolithikums in der Region auseinandersetzt. Zu den äneolithischen Innovationen werden u.a. dünnwandige, hoch gebrannte und bemalte Keramik, Spinnwirtel sowie die Nutzung von Kupfer gezählt. Die Debatten, die bis in die Zeit der sowjetischen Archäologie der 1970er Jahre zurückreichen, nennen oft Regionen südwestlich von Turkmenistan, v.a. das iranische Zentralplateau als geographischen Ursprung für diese Neuerungen. Andererseits betonen gelegentlich Archäolog*innen, dass derartige Technologien lokale Entwicklungen sein könnten.
Grundsätzlich gehen diese Debatten von der Annahme aus, dass ganze Pakete von Innovationen bzw. Technologien importiert bzw. übernommen worden sind. Dass es in der Kopet-Dag Vorgebirgszone zu Neuerungen kam, ist unbestreitbar. Uns interessiert jedoch, wie dies im Detail ablief. Statt eine vollständige und unproblematische Übernahme der Keramik- oder Metallproduktion anzunehmen, ist es wichtig, das Erscheinen neuer Technologien nach Differenzen vor Ort zu untersuchen. Wir wollten wissen, ob technologischer Wandel in kleinen Schritten oder abrupt vor sich ging, und ob alle Haushalten in Monjukli Depe gleichermaßen daran Teil hatten. Zudem interessierten uns Verzögerungen, Beschleunigungen und Modifikationen des Innovationsprozesses.
Wir haben daher einen Schwerpunkt auf die Analyse von "Kulturtechniken" gelegt. Neuerungen werden damit nicht als rein instrumentell-technologisch getrieben konzipiert, sondern als eingebettet in historisch spezifische kulturelle Bereiche. Damit greifen wir eine nicht mehr ganz neue Debatte um "technological style" auf, in der Technologie ebenfalls nicht allein funktional verstanden wird, sondern als ein Modus des Handelns, der vorgeprägte Einstellungen zu bearbeitbaren Materialien voraussetzt. Als Methode wird von dieser archäologischen Richtung seit langem die von André Leroi-Gourhan aufgebrachte Analyse in "Operationsketten" (chaîne opératoire) verwendet.
Kulturtechniken vereinen für uns drei wichtige Charakteristika:
(1) Sie sind als komplexe Netzwerke und daher nicht als lineare Ketten von Handlungen zu verstehen.
(2) Sie vereinen zielgerichtetes Handeln mit kulturellen Vorstellungen zu einer historisch spezifischen Rationalität.
(3) Sie sind nicht auf einen kleinen Kreis von Spezialist*innen beschränkt, sondern ihre Grundsätze werden direkt oder indirekt von vielen Menschen in einer Gesellschaft beherrscht.
Unser Ziel bestand zunächst einmal darin, unterschiedliche Kulturtechniken in Monjukli Depe zu identifizieren, und sodann im diachronen und synchronen Vergleich den Wandel derselben zu analysieren. Wir haben unter anderem die Pyrotechnik (Umgang mit Feuer), die Verhältnisse zwischen Tier und Mensch, Bautätigkeiten sowie Bestattungspraxen als "Kulturtechniken" mit jeweils eigenen technologischen Aspekten untersucht.
Veröffentlichung
Kontakt
Reinhard Bernbeck
rbernbec@zedat.fu-berlin.de
Susan Pollock
spollock@zedat.fu-berlin.de
Freie Universität Berlin
Institut für
Vorderasiatische Archäologie
Fabeckstraße 23-25
14195 Berlin