Gräber
Menschliche Überreste, die sich in Monjukli Depe über die gesamte Siedlung hinweg verteilen, gewähren einen Einblick in die örtlichen Bestattungspraxen und erhellen, wie im frühen Äneolithikum mit Toten umgegangen wurde. Während der rezenten Grabungen wurden 15 Gräber freigelegt, von denen 13 mit den äneolithischen Siedlungsschichten assoziiert sind. Eines stammt aus der mittleren Bronzezeit.
Bei den äneolithischen Gräbern handelt es sich in der Regel um einzelne, primäre Körperbestattungen in Erdgruben. In zwei Fällen sind Erwachsenen jeweils ein oder mehrere eventuell sekundär bestattete Kleinkinder zur Seite gelegt. Es konnten bis jetzt vier verschiedene Grabformen unterschieden werden: Flachgräber; dies sind einfache Erdgruben von geringer Tiefe; rudimentäre "Schachtgräber", welche ein Trichter- oder L-förmiges Profil aufweisen; Erdgruben, die mit Ziegelfragmenten umkränzt wurden; sowie Bestattungen ohne Grabgruben, die eher aus einer Anhäufung von Schuttmaterial zu bestehen scheinen. Die Toten wurden in Hockerstellung bestattet, überwiegend in rechter Seitenlage. Dabei wurde die Leiche und/oder die Grabgrube meistens mit Ockerpigmenten gefärbt und der Körper oft in eine Umhüllung aus Pflanzenmaterial eingewickelt, möglicherweise eine geflochtene Matte. Grabbeigaben sind, wenn vorhanden, spärlich und nicht standardisiert. Bestattungen von Erwachsenen enthalten eher Ökofakte wie Steine und Tierknochen, gelegentlich eine Klinge, während Bestattungen von jüngeren Individuen mehrere Perlen oder auch ein Token aufweisen können.
Gräber kommen in der Siedlung in verschiedenartigen Kontexten vor: über oder unter Fußböden, in verlassenen Gebäuden oder unter Außenflächen. Dabei scheinen viele der Bestattungen eng mit dem Lebenszyklus von Häusern verbunden zu sein, sei es in der Form eines Gründungsdepots oder als Teil einer rituellen Hausschließung. Es kann auch sein, dass Todesereignisse Bauaktivitäten erst ausgelöst haben.
Einzelne menschliche Skelettteile, die in verschiedenen Siedlungskontexten auftreten, dürften ihrerseits nur selten auf eine intentionelle Handlung zurückzuführen sein, deuten aber sicherlich auf einen gewohnheitsmäßigen Umgang mit menschlichen Überresten und eventuell auf eine alltägliche und "profane" Auffassung von toten Körpern hin.
Handlungsroutinen und Abweichungen hiervon im Grabbefund erlauben es, soziale Tendenzen zu identifizieren und den Spielraum der individuellen oder kollektiven Bestattungspraxis für einzelne Gemeinschaftsmitglieder zu ermessen. Primäre Körperbestattung in einer Erdgrube, Hockerstellung und rechte Seitenlage erscheinen als Norm, die – mit nur wenigen Ausnahmen – die Totenlege dominiert. Auch der regelmäßigen Verwendung von Ocker scheint eine starke Tendenz zu Grunde zu liegen, die allerdings weniger verpflichtend gewesen zu sein scheint. Bei der Auswahl vom Bestattungsort spielte wohl der Alter der Verstorbenen eine entscheidende Rolle. Vermieden wurden Erwachsenenbestattungen unter Häusern, während Gründungsdepots ausschließlich aus vorgeburtlichen oder gerade geborenen Säuglingen bestehen. Andere Handlungsabläufe bei Bestattungen weisen hingegen größere Variabilität auf, so etwa die Körperausrichtung, die Art des Ockerträgers, die Position der Arme als auch der Ablauf der Bestattung. Für jede Bestattung kam daher wohl auch eine Vielzahl an idiosynkratrischen Praktiken samt deren Bedeutungen ins Spiel.
Die geringe Anzahl der Bestattungen zeigt, dass nur ein Bruchteil der Bevölkerung, wahrscheinlich etwa 5-10%, innerhalb der Siedlung bestattet wurde, sodass hier von einer "normierten Minderheitspraxis" die Rede sein kann. Die Frage bleibt offen, wie die Mehrheit der Verstorbenen behandelt wurde und welche Gründe die Auswahl von Individuen für eine Siedlungsbestattung bestimmten. Für die jüngsten Gräber kann vermutet werden, dass das Dorf zum Zeitpunkt der Bestattung schon verlassen war und die Örtlichkeit einen Funktionswandel als Bestattungsort erlebte.
Für weiterführende Literatur siehe: Rol in Pollock et al. (Hrsg.) 2019.