Wandbemalung
Auf zwei Seiten des nördlichen Pfeilers von Haus 14 wurden im Jahr 2013 bemalte figürliche und geometrische Darstellungen entdeckt. Auf der südwestlichen, dem Raum zugewandten Seite sind zwei stilisierten Sträucher mit Stamm und seitlich hochgehenden Ästen über einem breitflächigen Netzmuster angebracht. Auf der nordwestlichen Seite hingegen sind zwei anthropomorphe Darstellungen zu sehen. Die zwei stilisierten menschenähnlichen Figuren stehen übereinander in Vorderansicht. Die obere ist wesentlich kleiner als die untere. Beide haben einen dreieckigen Oberkörper, seitlich ausgestreckte, an den Ellenbögen nach unten knickende Arme und als Hand jeweils drei gespreizte, nach unten zeigende Finger. Die Beine sind diagonal gestreckt und die Füße nach oben gerichtet. Die obere Figur weist einen nach recht gedrehten dreieckigen Kopf und ein langes männliches Glied auf. Die untere Figur hat hingegen keine erkennbaren sexuellen Merkmale, die Kopfform ist nicht erhalten.
Der T-förmige Pfeiler wurde zuerst mit einem dünnen hell-braunen Lehmestrich bekleidet und anschließend mit rotfarbigen Motiven verziert. Da die anderen Wände des Hauses wiederholt gefärbt und bestrichen wurden, könnte die von uns entdeckte Verputzschicht womöglich nur die jüngste einer vielschichtigen Pfeilerverzierung sein. Der gegenüberliegende Pfeiler im Haus scheint hingegen nicht bemalt gewesen zu sein. Ob die monochromen Wandbemalungen mit einer besonderen Funktion des Hauses in Verbindung stehen oder ästhetische Vorstellungen der Hausbewohner zum Ausdruck bringen, kann nicht abschließend beantwortet werden, da das Haus sich sonst nur bedingt von den anderen Häusern des Dorfes absetzt. Dass es abgebrannt ist, dürfte jedoch die Erhaltung der Bemalungen begünstigt haben.
Hinweise zur figurativen Welt der Bewohner liefern neben den Wandbemalungen vorwiegend kleine aus Ton gefertigte Tierfigurinen. Stilisierte Pflanzen sind auch auf einigen bemalten Keramikscherben erkennbar, während eindeutige anthropomorphe Darstellungen im äneolithischen Meana Horizont ansonsten völlig fehlen.
Auf der Nordseite des Kopet Dag sind Wandbemalung bisher aus fünf weiteren prähistorischen Fundorten bekannt. Im neolithischen Pessedjik, etwa 300km nordwestlich von Monjukli Depe, ist in einem als Kult- oder Versammlungsort interpretierten Gebäude eine Wandbemalung mit einer polychromen Tierszene entdeckt worden: naturalistisch wirkende Vierbeiner, stilisierte Bäume sowie vereinzelte geometrische Motive wie Dreiecke und Rauten. Fundorte des frühen Äneolithikums brachten hingegen ausschließlich geometrische Motive zu Tage, seien es Schachbrettmuster und Dreiecke wie in Anau Nord oder Friese mit Serien von Rauten in Jassy Depe.
Im mitteläneolithischen Ilgynly Depe weisen die Wände von als "sanctuaries" interpretierten Gebäuden breitflächige Negative-Bemalungen (der sog. Sgraffito-Technik ähnelnd) auf, die vorwiegend Reihen von Wellen und dicke Punkten, aber auch stilisierte Bäume und Schlangen darstellen. Den anthropomorphen Figuren von Monjukli Depe ähnelnde Darstellungen sind jedoch aus keinem dieser Orte bekannt.
Für weiterführende Literatur siehe: Chapter 2 in Pollock et al. (Hrsg.) 2019; Bernbeck and Pollock 2016.